11.März, Drakestraße 2.Tag, irgendwo im Ozean
Mitternacht bis 4 Uhr früh, zeitiger Start in den Tag. Auch die Gäste, die sogenannte Voyage Crew, müssen täglich bei Wind und Wetter für Ausguck, Steuerrad und Segelmanöver zur Verfügung stehen. Das eingeteilte Wachsystem nimmt von nun an unnachgiebig seinen Lauf. In 2- oder 4-stündigen Schichten bedeutet das 6 bis 10 Stunden Dienst pro Tag.
Schnell werden die 4 Stunden nach Mitternacht zur unbeliebtesten Schicht an Bord. Wahrscheinlich nicht umsonst wird diese Schicht in der deutschen Seefahrt mit dem schönen Namen „Hundewache“ bedacht.
Jede Wachstunde ist in 20 Minuten auf einem der Außendecks und 40 Minuten Bereitschaft im Salon unterteilt. Ständig werden also die warmen, windfesten und wasserfesten Schichten an- und ausgezogen. Das Wechseln der vielen Kleidungsschichten gestaltet sich dabei umso schwieriger, desto unerwarteter der Boden unter den Füßen ungewohnte Neigungen annimmt. Trotzdem wird während der Wachen meist drinnen geschwitzt und draußen gefroren.
Bei aller Vorfreude und Aufregung geht es den meisten Gästen trotzdem blendend. Nur über den Tag plagt Müdigkeit und außerhalb der Wachstunden die langsam kriechende, feuchte Kälte, die einen geduldig verfolgt, sobald man die warme Koje verlässt.
Einige Gäste könnten die Fahrt vielleicht genießen, würde ihnen nicht inzwischen jede Mahlzeit zweimal durch den Kopf gehen. Dabei macht die Seekrankheit auch vor den routinierten Seglern an Bord nicht Halt. Und als Ausrede für den Wachplan zählt das leider nicht. Also bleibt einigen nichts weiter übrig, als die Wachpausen an der Bordwand zu verbringen.
Dabei haben wir eigentlich sehr gutes Wetter. Und nachdem im Morgengrauen sogar die Wolken, die Wellen und der Wind verschwinden, dümpelt die Bark für den Rest des Tages sanft umher wie in einem Hafenbecken.
Langsam schaukelt sich das Schiff durch die antarktische Konvergenz. Die Wassertemperatur fällt hier rapide. Zwei so unterschiedliche Wassermassen und Strömungssysteme treffen aufeinander, dass man die Wassermasse im Süden sogar als eigenen Ozean bezeichnet.
Dort im Südpolarmeer findet sich eisigkaltes, schwimmbadklares Wasser, welches Antarktika wie ein Gürtel komplett umströmt. Nur in der Kälte der Antarktis steigt es aus der Tiefe auf. Und dank seinem Nährstoffreichtum wird es zur Grundlage für all die Tierarten, die uns in den nächsten Wochen begleiten werden.