14. März, Einfahrt in die Welt der Südlichen Shetlandinseln
Wir haben im Wind des gestrigen Tages gute Fahrt gemacht. Noch früh in wolkiger Nacht schiebt sich an Backbord, zu unserer Linken, schemenhaft Smith Island vorbei. Weniger als 8 Kilometer breit, aber stolze 2 km hoch und 30 km lang, hebt sich diese Insel wie eine Messerschneide unvermittelt aus dem Ozean. Felsig, verschneit und ewig vereist. Skifahrer auf der Suche nach der ultimativen Abfahrt würden hier wohl fündig werden.
Erst etwas später im Morgengrauen bemerken wir: Durch dieses Tor zu den Südlichen Shetlandinseln, sind wir endgültig im Reich der Antarktis angekommen. Von hier an treiben erstmals sichtbar Eisberge und kleinere Brocken um unser Schiff. Snow Island, eine flache, verschneite, vergletscherte Insel streckt sich entlang der Backbordseite, während sich an Steuerbord zur Rechten Pinguine und Seelöwen im Wasser treibend von der nächtlichen Jagd erholen.
Die Bark Europa ist der einzige Großsegler, der sich regelmäßig in diese Gegend traut. Doch all den Tieren um uns herum scheint das relativ egal. Sie beobachten den stolzen Dreimaster nur mit sehr sparsamem Interesse.
Ein erster Landgang auf dem eisigen Kontinent ist für Hannah Point und Walker Bay auf Livingston Island geplant. Schroff und dunkel erheben sich basaltische Felsnasen auf einer Seite einer weiten, fast ungeschützten Bucht. Von der anderen Seite strahlt ein langgestrecktes Band eisiger Gletscherabbrüche seine Kälte aus. Die Vielfältigkeit der Antarktis präsentiert sich hier auf kleiner Fläche. Mehrere Vogelarten, kleine Kolonien verschiedener Pinguine und See-Elefanten bevölkern die malerische Bucht.
Leider zeigt die See ihre unberechenbare Seite. Auffrischender Wind treibt Wellen in die Bucht, die ein Anlanden für die Schlauchboote erst schwierig und später gefährlich machen. Klatschend schwappt kaltes Wasser ins Innere der kleinen Zodiacs, welche die Gäste zwischen Land und Segelschiff hin und her transportieren. Die Landung wird schließlich abgebrochen, die bereits an Land gebrachten Gäste werden durch die spritzende Gischt mühsam zurück an Bord geholt.
Nur der Hälfte der Gäste an Bord ist es heute vergönnt einen Fuß auf festes Land zu setzen. Alle anderen sind enttäuscht, denn es ist unwahrscheinlich, dass es hier eine zweite Landung geben wird.